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Posts Tagged ‘Erleuchtung’

Manchmal fühlt sich das Leben so an als trieben wir in einer winzigen Nussschale über den vom Sturm aufgewühlten Ozean. Die Elemente peitschen uns mit aller Härte ins Gesicht, kein Fünkchen unseres Seins bleibt unverschont: Was wir lieben und kennen, bricht weg, wir sehen kein Licht am Horizont, und die Angst vor dem Unbekannten schnürt uns die Kehle zu. Wir haben keine Kontrolle mehr und können nur warten bis die Wellen sich wieder beruhigen. Vertrauen, hoffen, loslassen.

sturm

Trauer, Verlust, Misserfolg, Krankheit, Angst und Einsamkeit überfallen uns oft urplötzlich und ungeplant. Wir alle kennen solche Situationen, in denen alles zusammenbricht, in denen wir von negativen Emotionen und belastenden Ereignissen einfach überrollt werden.

Das ist das Leben und die Geschichte eines jeden Menschen!

„Das Prinzip des Rhythmus“ ist eines der sieben hermetischen Gesetze. Heraklit spricht von „panta rhei – alles bewegt sich fort und nichts bleibt“. Für mich ist diese Weisheit die wichtigste Metapher zum Verständnis des Lebens. Es geht um die Veränderung und den Rhythmus, dem alles in der Natur unterliegt: Schau dir den Wechsel der Jahreszeiten an, den Mondrhythmus, die Gezeiten des Meeres, Tag und Nacht, das rhythmische Schwingen unserer Organe, den weiblichen Zyklus, die Übergänge von Geburt – Jugend – Blüte – Alter – Tod, und so weiter. Kennzeichen alles Lebendigen ist, dass es beständig im Fluss ist und einem Rhythmus folgt.

Und so ist es auch im Laufe unseres Lebens. Auf ein Hoch folgt irgendwann ein Tief und darauf wieder ein Hoch. Du kennst die Symbolik der durchgehenden Linie bei Herzschreibern? Die gerade Linie ist der Tod. Das Fehlen von Rhythmus, von Auf und Ab, steht im Widerspruch zum Leben.

Wenn man dieses Prinzip akzeptiert hat, dann macht es auch keinen Sinn mehr, am Schönen krampfhaft festhalten zu wollen und gegen das Schwere anzukämpfen. Der Buddhismus erinnert uns immer wieder daran mit den bekannten Worten der Gelassenheit: „Auch das geht vorüber“.

Alles geht vorüber, die schönen Momente genauso wie die leidvollen. Daher dürfen wir die glücklichen Zeiten ohne Anhaftung und Angst voll auskosten, feiern und genießen, im Vertrauen, dass auch wieder neue glückliche Momente nachkommen werden. Und wir dürfen uns in den Schmerz fallen lassen, wenn das Leben uns einen üblen Streich spielt. Wütend sein, traurig, verletzt und verzweifelt, ohne in Widerstand zu gehen – ganz im Vertrauen, dass auch das irgendwann vorüber geht.

Anhaftung und Widerstand bedeuten Stagnation. Und Stagnation ist mit dem Leben nicht vereinbar! Nichts in der Natur steht je still, nichts verweigert sich, nichts hält fest.

Nun, denken sich die „Spirituellen“, wenn ein unbewusster Mensch vom Leben niedergeknüppelt wird, dann ist das seinem Mangel an spiritueller Reife und mentaler Stärke zuzuschreiben. Wie aber kann uns das passieren? Immer wieder hören wir dann dieselben wuterfüllten, resignierten Aussagen: „Jetzt habe ich vier Wochen lang jeden Tag meditiert, und DAS ist der Lohn dafür!“, oder „Jetzt ging’s mir wochenlang so gut, ich war so glücklich, und jetzt haut’s mich einfach um“, oder „Ich arbeite so viel mit Affirmationen und Mantras, und einen Sch… hat’s gebracht!“ oder „Ich war auf so vielen Seminaren und bei so vielen Therapeuten, und hab alles aufgelöst…, und nun passiert das!“, oder „Ich bin doch schon so bewusst, wie kann das sein, dass mir so etwas widerfährt?“

Ja, wir sind unglaublich machtvolle Schöpfer. Durch das was wir ausstrahlen, was wir fühlen und denken, beeinflussen wir unsere Welt, unser Er-Leben, in hohem Maße. Das Universum gleicht einer großen Leinwand, auf der wir unser Kunstwerk verewigen dürfen. Doch das ist – wie es aussieht – nur eine Seite der Wahrheit.

Wir haben uns in spirituellen Dingen so viele Konzepte zurechtgelegt, um uns Sicherheit, Kontrolle und Vorhersehbarkeit zu erschleichen. Doch das Leben lehrt uns eines Besseren. „Die einzige Sicherheit, die wir haben, ist unser freies, weites Herz“ – warum wiederhole ich diese Weisheit so beständig? Du kannst noch so viel und so erfolgreich kreieren, Mentaltechniken und Affirmationen, Mantras und Meditationen üben, am Ende passieren Dinge einfach. All diese Techniken können dich nicht gänzlich davor schützen, dass dein Partner dich betrügt, dein Haus abbrennt, dein Kind überfahren wird, dein Geschäft Pleite geht oder du eine schwere Krankheit bekommst.

Selbst große spirituelle Meister haben Zeit ihres Lebens unter Schmerzen gelitten, einen Schlaganfall bekommen oder sind an Krebs erkrankt. Nichts auf der Welt – nicht einmal die Erleuchtung – kann uns vom Leben befreien! Warum geschehen solche Dinge sogar sehr bewussten Menschen? Ich suche schon lange keine Antwort mehr darauf. Niemand kann das beantworten. Und es ist auch nicht wichtig. Wichtig ist nur, das Offensichtliche zu akzeptieren: dass wir letztlich NICHTS unter Kontrolle haben. Es kann uns jederzeit hart treffen. Allein diese Wahrheit zuzulassen, bringt Heilung und Trost. Und dabei geht es niemals um Schuld, Fehler, Sünde, Karma oder Versagen, sondern das IST das Mysterium des Lebens.

Wir dürfen – trotz „The Secret“ und wundervoller Mentaltechniken – endlich begreifen, dass das Leben und der spirituelle Weg uns nichts schulden. Du kannst zwanzig Jahre lang täglich meditieren und der Welt in Liebe dienen, und dann bricht plötzlich ein schweres Unglück über dir herein. War dann alles umsonst? Was wolltest du dir erkaufen? Das ist das Problem, wenn das Ego auch unseren spirituellen Weg bestimmt: Dann meditieren wir und sind freundlich und rezitieren unsere Mantras, um einen Lohn dafür zu bekommen: Ewiges Glück, ewige Gesundheit, ewige Freude, ewigen Reichtum – oder zumindest ein Stück vom Himmel oder eine glanzvolle Wiedergeburt nach dem Tod.

Ich bin selbst ein großer Fan von Herzkohärenz-Meditationen, von Visualisierungen und Mantras, von Atemübungen und Trancereisen. Ich wende sie regelmäßig an und unterrichte sie, um Menschen in ihre Kraft, und ihr Potenzial zum Erblühen zu bringen. Aber das sind alles nicht mehr als Techniken der mentalen Stärkung, der energetischen Lenkung, der körperlichen und seelischen Gesunderhaltung, der Fokussierung und der Beruhigung. Sie dienen der Entwicklung unserer Persönlichkeit, der Zielerreichung und der Potenzialentfaltung. Und damit dienen sie einem Zweck und sollen ein bestimmtes Ergebnis bringen. Das ist wunderbar und soooo wertvoll. Aber es hat leider nichts mit dem spirituellen Erwachen und klarem Bewusstsein zu tun.

Diese „um zu“-Meditationen sind keine wirkliche Meditation. Sobald Meditation einen Zweck erfüllen soll – von Schmerzen befreien, glücklicher machen, inneren Frieden oder Erfolg bringen, das Erwachen herbeiführen, usw., dann ist es keine mehr. Dann ist es ein Instrument des Ego. Was keineswegs verwerflich ist, sondern ein wichtiger Teil unseres Menschseins.

Diese Art von Übungen sollen uns etwas geben. Die wahrhaftige spirituelle Praxis dagegen soll uns alles nehmen. Sie soll uns frei und leer machen.

Bevor du nun verzweifelst und dich in einen Entweder-Oder-Konflikt stürzt…. Meinem Empfinden und meiner Erfahrung nach geht beides zusammen – muss vielleicht sogar Hand in Hand gehen. Wir sind Wesen, die sich in der Dualität bewegen. Wir sind Teil dieser Illusion und doch außerhalb davon. Wir sind Materie und reines Bewusstsein. Daher nehme ich stark an, dass es genauso sein soll, dass wir unsere einzigartigen Gaben entfalten, vielfältige Erfahrungen sammeln, unseren Körpertempel ehren,  das Leben in seiner ganzen emotionalen Bandbreite fühlend wahrnehmen, uns für diese wunderbare Welt in ihrer Schönheit einsetzen, uns in authentischen Beziehungen üben – und gleichzeitig die wahre Natur unseres Seins sich entfalten lassen, die nichts ist und die nichts will. Einzig in diesem Raum erfahren wir inneren Frieden und Verbundenheit mit allem was ist – ungeachtet aller Turbulenzen und Tragödien unseres Lebens.

Jede Lebenskrise bietet uns genau diese Chance: die Grenzen unseres Ego zu sprengen, eins zu werden, unser Herz in Güte und Mitgefühl für uns und die Welt weit zu machen und zu erkennen, dass wir alle dieselbe Erfahrung teilen. Ich möchte dir dazu eine Geschichte erzählen:

Es war einst zu Lebzeiten Buddhas eine junge Frau, deren Mann gestorben war. Sie war untröstlich darüber, doch zumindest hatte sie noch einen Sohn, für den sie stark geblieben war und weiterlebte. Doch eines Tages starb auch ihr Sohn. Da Buddha gerade durch das Dorf kam, bat sie ihn voller Verzweiflung, ihren Sohn wieder lebendig zu machen. „Er ist das Einzige, was ich habe. Du hast das Rad von Leben und Tod überwunden und kannst mir meinen Sohn zurückbringen. Bitte, ich kann niemals über diesen Schmerz hinwegkommen.“ Buddha willigte ein unter der Bedingung, dass die Frau ihm bis zum Anbruch der Nacht eine Handvoll Senfkörner aus jedem Haus des Dorfes bringe, in dem noch nie ein Mensch verstorben war. Voller Hoffnung machte sich die junge Frau auf den Weg. Gern waren die Bewohner bereit, ihr Senfkörner zu geben, aber keiner konnte die Bedingung des Buddha erfüllen. Es gab keine Familie, die nicht schon einen schmerzlichen Verlust erlitten hatte. Da verstand die Frau, dass sie nicht allein war. Tod, Abschied und Schmerz gehörten zum Leben und waren Teil der Erfahrung jedes Menschen. Selbst wenn sie ihren Sohn jetzt zurückbekommen hätte, wäre er doch früher oder später wieder gestorben. So willigte sie in ihr Schicksal ein und wurde Buddhas Schülerin. Anstatt sich aufzureiben im Widerstand gegen das Leiden, wollte sie den zeitlosen Ort in sich finden, an dem weder Geburt noch Tod existent waren.

Jede Lebenskrise – ob Trennung, Verlust, Krankheit oder Misserfolg – ist eine Gelegenheit zum Erwachen. In diesen Situationen können wir erkennen, dass unser Schmerz auch der Schmerz aller anderen fühlenden Wesen ist. Doch gerade dann sind wir häufig versucht, in die Trennung zu gehen. Denn das Ego liebt das Drama und will in jeder Situation auf Teufel komm raus etwas Besonderes sein, sogar dann noch – oder vielleicht gerade dann – wenn alles zusammenbricht. Es suggeriert uns, dass es das Schicksal mit uns besonders fies meine, dass unser Leid das der anderen bei weitem übersteige, dass wir einfach viel sensibler und feinfühliger seien als der Rest der Welt, dass gerade wir das nicht verdient hätten, und dass wir die einsamsten und ärmsten Geschöpfe auf Mutter Erde seien. So wie die Frau aus der Geschichte, die in ihrem Schmerz übersieht, dass alle Menschen genau dieselbe Erfahrung machen.

Diese Reaktion ist absolut menschlich und in der akuten Betroffenheit vollkommen nachvollziehbar. Doch irgendwann sollten wir unser Herz öffnen und aus der Enge unseres Opferbewusstseins und unseres exklusiven Anspruchs auf (Mit-)Leid austreten. Gut, wenn wir in so einer Situation einen wachen Menschen um uns haben, der uns hilft, unsere Situation von außen zu betrachten und uns bewusst zu werden, dass wir – so schmerzlich es auch ist – nicht mehr als eine menschliche Erfahrung durchleben, die in keinem Haus der Welt unbekannt ist. Es darf getrauert und gefühlt werden – nichts anderes existiert in diesem Moment. Nichts anderes ist wichtig.

Uns dem Ozean des Lebens vollkommen anzuvertrauen und mitzufühlen mit uns und allen Wesen in diesem unberechenbaren wilden Tosen, ist in Wahrheit unsere einzige Chance auf wahres Menschsein. Wir sind der Ozean und doch identifizieren wir uns mit der Nussschale. Das ist der Urschmerz in uns allen. Und diesen Schmerz können wir nur gemeinsam heilen in Mitgefühl und Liebe, und im Erwachen unseres Bewusstseins.

Den Schmerz, die Enttäuschung und den Kummer unkommentiert und urteilsfrei anzunehmen und zu durchleben ohne in die Trennung zu gehen, ist die große Herausforderung. Sich im stillen Gewahrsein der Erfahrung hinzugeben und sich vom Leid und von der Liebe aller Wesen zu allen Zeiten tragen und trösten zu lassen. Wenn es uns gelingt, in der Krise unser Herz im Mitgefühl mit uns selbst und mit ALLEM und für ALLES aufzubrechen, öffnet sich der Raum des reinen Bewusstseins und tiefe Heilung darf geschehen.

Das ist der Moment, an dem eines meiner Lieblingsmantras wahrhaftig wird:
Lokah samastah sukhino bhavantu – Mögen alle Wesen in allen Welten glücklich und frei sein!

Deine Christine Ruhland

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Vor kurzem saß ich am Fluss und meditierte. Und das Leben sprach zu mir. Es hat mich erinnert, wer ich bin. Ich bin die Quelle, der Fluss und das Meer.

Es gibt zwei Möglichkeiten, die Welt zu erfahren: als Zuschauer oder als Seiender. Letzteres ist in unserer lauten Welt nur wenigen Menschen zugänglich und seltenen mystischen Erfahrungen vorbehalten. Doch in Wahrheit entspricht es dem Urzustand unseres Seins – es ist, wie Leben gemeint ist: Teil-nehmen, mit-schwingen, durch-dringen. Das Leben ist dazu da, sich ihm hinzugeben, nicht dazu, es zu beobachten, zu planen und zu kontrollieren. Eigentlich müsste es heißen „es lebt mich“, nicht „ich lebe“. Genauso wie wir nicht atmen, sondern geatmet werden. Das Leben atmet uns, nicht wir atmen das Leben. Daher brauchen wir auch den Tod nicht fürchten, denn das was unseren Körper belebt, ist ewig und mit allem verbunden. Wir sind das Fließende, nicht das, was das Fließen begrenzt. Wir sind der Atem, der durch ein Kleid aus Raum und Zeit strömt. Das Kleid wird irgendwann abgelegt, aber das Leben dahinter bleibt ewig.

Wenn du draußen am Fluss sitzt und beobachtest, dann gibt es den Fluss und das Fließen. Doch wenn du mit deinem Bewusstsein ins Wasser eintauchst, dann bist du der Fluss und das Fließen zugleich. Du bist ewig. Du bist verbunden mit allem Wasser dieser Erde. Du bist die Quelle, der Fluss und das Meer. Und du bist das Fließen selbst. Wenn du im Fluss bist, bist du dir des Fließens nicht gewahr. Denn Fließen wird durch Zeit und Raum definiert. Zeit und Raum gehören zur Dimension des Beobachters. Wenn du aber der Fluss bist, dann bist du in die Ewigkeit des Augenblicks eingetaucht – frei von Zeit und Raum. Du bist der Seiende. Du bist Nichts und gleichzeitig Alles-was-ist.

In einer wundervollen Sufi-Weisheit heißt es: Die Liebe, der Liebende und der Geliebte sind Eins. Wenn du in der Welt aufgehst, gibt es keine Trennung mehr – kein Subjekt, kein Objekt, keine Aktion – es gibt nur noch EINS-SEIN.

Mein Erlebnis am Fluss hat mich an ein wunderbares Buch erinnert, das ich vor langer Zeit viele Male studiert habe: Vielleicht kennst du den Roman „Siddharta“ von Hermann Hesse – eines meiner Lieblingsbücher als Jugendliche auf der Suche nach dem Sinn des Lebens… ;-). Auch der Protagonist Siddharta wendet sich im Roman nach einer langen Reise auf der Suche nach Erkenntnis dem Fluss als Lehrer zu. Vom Fährmann erfährt er: „(…) ein sehr schöner Fluss, ich liebe ihn über alles. Oft habe ich ihm zugehört, oft in seine Augen gesehen, und immer habe ich von ihm gelernt. Man kann von einem Flusse lernen.“ Siddharta wird nach Erfahrungen der Askese, der Gefolgschaft spiritueller Lehrer und der Flucht in weltliche Sinnesbetäubungen bewusst, dass Weisheit nicht mitgeteilt werden kann, dass Worte, Theorien, Lehren und Denken einen Menschen niemals in die Essenz führen können – einzig die Verbindung mit der Natur, die Stille, das Lauschen und liebende Einswerden mit dem Leben öffnet sein Herz für wahre Erkenntnis. Am Fluss meditierend und lauschend, ohne Ziel und Begierde, erlangt er schließlich Erleuchtung.

Genauso wie ich es am Ufer der Isar erfahren habe, lernt auch Siddharta vom Fluss, dass es keine Zeit gibt: „dass der Fluss überall zugleich ist, am Ursprung und an der Mündung, am Wasserfall, an der Fähre, an der Stromschnelle, im Meer, im Gebirge, überall zugleich und dass es für ihn nur Gegenwart gibt, nicht den Schatten der Vergangenheit, nicht den Schatten der Zukunft (…) Nichts war, nichts wird sein; alles ist, alles hat Wesen und Gegenwart.“

Vielleicht inspiriert das auch dich, alles loszulassen was du glaubst zu wissen. Alles, was du je gehört, gelesen, gelernt hast. Dich frei zu machen von Glauben, Konzepten, Religionen, spirituellen Führern, Traditionen, Weisheitslehren und Gedanken – und mutig dein Herz aufzureißen und dich in die pure Erfahrung des Seins zu stürzen. Dich vom Leben atmen zu lassen. Dies ist dein Heilungsweg und dein Weg der Erkenntnis!

Ich wünsche uns allen ein mutiges Herz, so mutig, dass wir das Nichtwissen aushalten können und die Unsicherheit mehr verehren als die Antwort. Dass wir unser Denken, Philosophieren, Worte und Lehren loslassen können und wahrhaft frei und leer werden, auf dass das Licht der Erkenntnis ungefiltert durch uns strahlen kann.

„Wissen kann man mitteilen, Weisheit nicht. Man kann sie finden, man kann sie leben, man kann von ihr getragen werden, man kann mit ihr Wunder tun, aber sagen und lehren kann man sie nicht.“
Hermann Hesse, Siddharta

Lokah samastah sukhino bhavantu – Mögen alle Wesen in allen Welten glücklich und frei sein!

In Liebe und Segen,
Deine Christine Samira

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Es ist erstaunlich, wie viele Menschen auf dem „spirituellen Weg“ statt die Freiheit zu wählen sich in neue Konzepte und Weltanschauungen stürzen. Wie eifrig viele nach Ablenkung von sich selbst und nach Modellen hungern, statt sich leer zu machen und sich der eigenen Seinserfahrung hinzugeben. Und der Esoterikmarkt bietet hier unendlich viel Zerstreuung und Futter fürs Ego.

Eines dieser amüsanten Konzepte ist der Hype rund um den „Seelenplan“. Wenn man mal googelt, findet man unendlich viele Webseiten auf denen genau geschildert wird, was die Seele vor ihrer Inkarnation so alles an Vorbereitungen und Absprachen trifft, was sie plant, mit wem sie sich trifft, wie genau sie die einzelnen Stationen des Lebens vorbereitet, wie die Seele aufgebaut ist, wie sie funktioniert, etc. Die einen haben ihr Wissen gechannelt, die anderen haben es bei einem Guru gelesen, die nächsten berufen sich auf jahrtausendealte Überlieferungen bestimmter Kulturen oder geben einfach ihre Vermutungen weiter. Eine Wissenschaft für sich…, denn mit der Frage nach dem Seelenplan kann man in ganze Universen von Weltanschauungen eintauchen. Da kannst du ein regelrechtes Parallelstudium zu deinem echten Leben absolvieren.

Konzepte sind wohl für manche Leute wichtig und auch ok. Solange man sie als das sieht, was sie sind: Krückstöcke für den Verstand, um sich das Leben in Krisensituationen vorübergehend ein wenig leichter zu machen. Aber jeder Krückstock sollte irgendwann einmal losgelassen werden, wenn man wirklich laufen lernen will. Und vor allem: der Krückstock sollte einem das Gehen nicht noch schwerer machen. Das Konzept des „Lebens- oder Seelenplans“ macht vielen Menschen das Leben schwerer, denn es blockiert, verunsichert, macht unfrei und bringt latent die Angst mit sich, Fehler zu machen, das „Falsche“ zu leben – und es schafft Abhängigkeiten von Gurus, spirituellen Lehrern, Hellsehern und Heilern, die vorgeben, den Lebensplan anderer Menschen zu kennen oder für sie zu entziffern. „Finde deinen Seelenplan“ – Seminare, Vorträge, Behandlungsangebote oder Buchtitel in diesem Stil wirst du Tausende finden.

Leben läuft nicht nach Plan, also suche auch gar nicht erst nach einem Plan. Lausche dem Flüstern deines Herzens und den Gefühlen und Impulsen, die aus dir heraus kommen. Du bist nicht das Opfer irgendeines fixen Planes, dein Leben folgt keinem Drehbuch, du solltest deine Zeit nicht damit verschwenden zu rätseln, was für ein geheimer Plot für dich ausgeheckt wurde. Lebe einfach! Du bist der Schöpfer deines Lebens! Mag sein, dass deine Seele aufgrund ihrer Schwingung die Inkarnation in ein bestimmtes Umfeld mit bestimmten Voraussetzungen herbeigerufen hat – ich weiß es nicht! 🙂 – aber auch das kann dir egal sein. Ob es Zufall ist oder Plan? – warum zerbrichst du dir darüber den Kopf? Stell dir lieber die Frage „Wozu war es gut, was konnte ich dadurch lernen?“, und „Was darf sich durch mich erfüllen, wie und was möchte ich leben und erfahren, wie kann ich die Liebe in meinem Leben vermehren?“ Wenn du dich von diesen Fragen leiten lässt, dann wird sich dein Leben mit jedem Schritt segensreich und heilig vor dir entfalten.

Die Frage nach einem Seelenplan kann überhaupt nur in einer männlich geprägten Spiritualität auftauchen. In einem männlich-analytisch-rationalen Konzept braucht es einen Plan, einen Weg, eine Funktion und ein Ziel. Hat Leben ein Ziel? Geschieht Leben nicht um seiner selbst willen? Ist Leben – jeder einzelne Atemzug – nicht selbst schon das Ziel? Das Prinzip der Weiblichkeit ist die Hingabe, das Sich-Öffnen, das Mitschwingen und Mitfühlen. Ein Mensch, der fähig ist, mitzuschwingen und sich hinzugeben käme nie auf die Idee, nach einem Plan zu fragen. Es gibt nur diesen einen Moment – nichts, was man hinter sich lassen müsste und nichts zu erwarten – nur die reine Präsenz des Hier und Jetzt. Es ist gut. Es ist. Ich bin gut. Ich bin. Ich atme das Leben ein und ich atme das Leben aus – was gibt es darüber hinaus noch zu wissen? Das ist Erleuchtung: sich in staunender Demut hinzugeben und mitzuschwingen. Der Weg des Erwachens ist ein weiblicher Weg. Die weibliche Kraft fragt nicht und strebt nicht danach, das Mysterium zu entzaubern. Die weibliche Kraft ergibt sich ins Nichtwissen und lässt sich von der reinen Erfahrung durchdringen.

Die Esoterikbranche und ihre „spirituellen Lehrer“ leben von der Beschäftigung mit Fragen und Konzepten, die so weit entfernt von der Größe, der Macht und dem Mysteriums des Lebens und der Seele liegen, dass es fast schon beschämend ist. Doch wir sind in unserer Verzweiflung und Einsamkeit so erfüllt von der Sehnsucht nach „religio“, nach der Rückverbindung mit unserer wahren Natur, dass wir uns von selbsternannten Experten nur zu gern engelsfunkelnde Bären aufbinden lassen. Menschen, die die Frage nach einem Seelenplan beschäftig, sind nicht mehr an den Fluss des Lebens angebunden. Sie stecken immer in einer Krise, egal ob beruflich, partnerschaftlich, gesundheitlich, spirituell, finanziell oder sozial. In einer Krise sehnt man sich nach klaren Ansagen und Anweisungen und nach einem Menschen, der das Ruder für einen in die Hand nimmt und einem das eigene Leben erklärt und löst. Doch das funktioniert nicht. Ein guter, ehrlicher Freund und Heiler wird dir einfach beistehen, die große Not auszuhalten, keine Ahnung mehr zu haben, wer du bist und was du sollst. Er wird an deiner Seite sein, wenn eine alte Welt zusammenbricht und die neue noch nicht geboren ist. Er wird deine Tränen mit weinen statt dich mit SEINEM „Wissen“ zu belasten. Er wird dir keine Antworten geben, sondern die richtigen Fragen stellen. Er wird deine Verwirrung und dein Nichtwissen noch vergrößern, weil dieses Nichtwissen – das Loslassen all deiner Konzepte, Werte, Vorstellungen, Prägungen, Religionen und Weltbilder – dein Weg in die Freiheit ist. Wenn du durch den Tod, durch deine Einsamkeit und Unsicherheit – durch deine dunkle Nacht der Seele – hindurch gegangen bist, wird er dir helfen, die sanfte Stimme deines Herzens wieder wahrzunehmen, mit dem Leben mit zu schwingen und deinem inneren Flüstern, deiner Weisheit, wieder zu vertrauen. Dann bist du neu geboren, rein, klar, präsent, ganz bei dir! Ein bewusster, wacher Seelengefährte und wahrer Meister wird dich nie mit Konzepten belasten, wird nicht auf Weltanschauungen und Theorien eingehen, wird dir keine Geschichten und Glaubensbekenntnisse erzählen. Er wird dich ermutigen, alles was du glaubst zu wissen, alles was du je gehört und gelesen hast, weg zu werfen. Er wird mit dir die Stille teilen und die Mystik deiner eigenen Erfahrung preisen.

Wer, glaubst du, könnte deine Lebenserfahrung interpretieren, außer dir selbst? Wer sollte tieferen Zugang zu deiner Essenz haben, als du selbst? Gib dein Leben nicht aus der Hand! Hab den Mut, einfach zu SEIN!

Lass all die Fragen los, auf die in Wahrheit du selbst und kein anderer dir Antworten geben kann und die keinerlei Relevanz haben! Erlaube deiner Angst, dass sie dich ganz auf dich selbst und dein Nichtwissen zurückwirft. Der Legende zufolge kürte das Orakel von Delphi Sokrates zum weisesten Mann der Welt aufgrund seiner letzten, niederschmetternden Erkenntnis „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Erst durch die Worte „Ich weiß es nicht“, die vollkommene Hingabe und vollkommenes Loslassen repräsentieren, öffnest du dein Gefäß, auf dass die Erfahrung jenseits allen Verstandeswissens und aller Worte in dich einfließen kann. Wer ständig Antworten parat hat oder auf alles eine Antwort sucht, kann NIE vom wahren Wissen durchdrungen werden. „Ich weiß es nicht“ sind die ehrlichsten, die weisesten und die heilsamsten Worte, die man sprechen kann. Ich weiß, dass ich atme und ich gehe davon aus, das heißt, dass ich lebe. Aber ich weiß nicht, ob das heißt, dass ich nicht mehr lebe, wenn ich nicht mehr atme. Was weiß ich sonst? Ich habe Erfahrungen im Universum meiner eigenen Gedanken und Gefühle und Sinneseindrücke und Interpretationen gesammelt. Es ist MEIN Universum, ich weiß nicht, was davon wahr und was pure Illusion ist. Ich habe die Meinung und die Lehren von Eltern, Geschwistern, Freunden, Erziehern, Lehrern, Professoren, Wissenschaftlern, Politikern und  spirituellen Führern verinnerlicht. Ich habe Bücher, Massenmedien und soziale Netzwerke konsumiert. Also was in aller Welt WEIß ich schon? Ich habe mir ein Bild gemacht, mehr nicht. Aber das kann und darf niemals das deine sein.

Ich weiß, dass ich nichts weiß. Willst du dich anschließen und die kribbelnde Unsicherheit des Nichtwissens mit mir aushalten? Es fühlt sich so viel schöner, freier, spannender und lebendiger an, als sich mit Instant-Eso-Konzepten abspeisen zu lassen!

Es gibt nur ein Mysterium, das es wert ist, ergründet zu werden. Das ist die Stille in dir, dein wahres Wesen jenseits aller Identifikationen und allen Wissens. Aber dem kannst nur du selbst dich nähern – und nur aus dem Herzen, niemals mit dem Kopf. Alles andere ist nur Fast-food für den Verstand und Ablenkung vom Schmerz deiner Illusionen. Lass los… Und entscheide dich, dich vor der Großartigkeit des Lebens wieder in Demut und innerer Reinheit zu verneigen statt das Geheimnis des Seins durch plumpe Konzepte zu entweihen.

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„Da ich kein Ziel habe, verlaufe ich mich nie.“
Zen-Meister Ikkyu

 

Vor ein paar Wochen hatte ich mit einem sehr lieben Freund ein interessantes Gespräch. Er ist seit vielen Jahren selbstständiger Unternehmer und im Moment dabei, sich nach vielen Ausbildungen in Coachingmethoden, russischen Heilweisen und Energiearbeit als Coach ein neues Standbein aufzubauen. Damit erfüllt sich sein großer Traum und seine Berufung. Wir haben uns viel unterhalten über seinen Weg, meinen Weg und Erfahrungen mit Klienten. Dabei ging es immer wieder auch um Zieldefinitionen. Wie wichtig es sei, sich große und kleine Ziele zu setzen und zu wissen, was man will.

 

Ich habe das in Zweifel gezogen. Ich fand schon früher in Bewerbungsgesprächen die Frage nach Zielen, und wo man sich in fünf oder zehn Jahren sehe, total abstrus. Fünf Jahre sind doch so weit weg, schon morgen kann alles anders sein. Erwarten Personalleute wirklich, dass ich heute weiß, wer ich in fünf Jahren bin, dass ich dann noch dieselbe bin wie heute? Komisches Menschenbild, da kann ich mich ja gleich in Stein meißeln lassen! Ist das nicht verrückt, Jahre im Voraus zu planen? Und welche Ziele? Ich will mit mir im Reinen sein und Freude haben an dem was ich tue und was ich bin. Gibt es sonst noch ein Ziel? Natürlich habe ich früher immer ganz brav im Sinne des potenziellen Arbeitgebers geantwortet um zu zeigen, wie ehrgeizig ich bin und dass ich mit dem Unternehmen ganz hoch hinaus will… 😉 Es ist nicht leicht, in dieser Gesellschaft authentisch zu sein, wenn man überleben will! (Oder vielleicht habe ich ja damals sogar geglaubt, die Ziele und Erwartungen der anderen seien meine eigenen???) Und in jungen Jahren traut man sich einfach noch zu wenig, aus der Norm auszubrechen – bei mir war das zumindest so.

 

Mittlerweile bin ich Gott sei Dank mein eigener Chef und muss keine komischen Fragen mehr bzgl. Karriereplanung beantworten und in keine Schublade mehr passen ;-). Aber offensichtlich brauche ich immer noch Ziele, sagen zumindest die Coaches. Wie viel Einkommen, welches Klientel, wie viele Angestellte, ein Haus in der City oder im Grünen, Seminare mit 50 oder 1000 Teilnehmern, am Mittelmeer oder im Indischen Ozean?

 

Ich sehe das mal wieder anders! Spirituelle Lehrer haben seit jeher unterschieden in innere und äußere Ziele. Man dürfe sich nicht nur auf äußere Ziele – Erfolg, Status, Geld, Gesundheit – konzentrieren, sondern diese müssten mit inneren Zielen Hand in Hand gehen. Ich sehe es aber noch viel einfacher.

 

Alles was es braucht, ist der Mut (ok, davon braucht es eine Menge!), aus dem eigenen Herzen heraus zu leben und das zu tun, was man am meisten liebt. Mit Freude, Begeisterung und Kreativität zu arbeiten, und sein ganz individuelles, ureigenes Wesen in das Tun und Sein einfließen zu lassen. Wenn ich so lebe und arbeite, dann brauche ich keine Ziele mehr. Denn dann kann ich sicher sein, alles wird gut. Dann wird mein Leben zum Segen für mich und für die Welt. Dann bin ich im Einklang und im Frieden mit allem was ist. Wenn das Leben dem inneren Ruf folgt, dann brauche ich nicht mehr mit Zielrohr durch die Gegend rennen, dann kann ich mich hingeben und treiben lassen. Dann erfüllt sich das Höchste. Und ich bin im tiefen Vertrauen, dass das Leben mich immer an die richtigen Ufer spült und dass für mich gesorgt sein wird. Ein Mensch, der wirklich eins mit seinem Herzen ist, braucht keine Ziele mehr. Das ist meine Überzeugung.

 

Unsere Aufgabe als Heiler, Berater, Coaches sollte es sein, zunächst einmal selbst immer mehr zu lernen aus dem Herzen zu leben und authentisch zu sein, und dann unsere Klienten wieder mit der Stimme ihres Herzens zu verbinden und ihr reines, inneres Leuchten hervorzulocken. In JEDES Herz ist ein Samen gepflanzt. In diesem ist das ganze, wunderbare Potenzial eines Menschen, seine Seelenessenz, verborgen. Noch nie gab es und nie wird es auf dieser Welt jemals zwei Menschen geben, die sich komplett gleichen. Jeder ist einzigartig und darf sich in seiner Einzigartigkeit der Welt zum Geschenk machen. Ich mag das Wort „müssen“ nicht, aber hier möchte ich fast sagen, er muss seine Einzigartigkeit leben! Das, und nur das, schulden wir dem Leben!

 

„Susya sagte kurz vor seinem Tod:
’Wenn ich in den Himmel komme, werden sie mich nicht fragen:
Warum warst du nicht Moses?
Sie werden mich vielmehr fragen:
Warum warst du nicht Susya?
Warum wurdest du nicht,
was nur du werden konntest?“
Chassidische Weisheit

 

Folge der Spur der Freude, der Liebe, der Begeisterung und des Lachens und finde den Samen in deinem Herzen! Und dann lass ihn wachsen!

 

Dein einziges Ziel sollte sein, aus dem Herzen heraus dein wahres Selbst in die Welt zu bringen und immer bewusster und präsenter im Hier und Jetzt zu sein. Vergiss alle anderen Ziele, vertraue deiner inneren Stimme. Ziele im herkömmlichen Sinn – also im Grunde „etwas haben/erreichen wollen“ oder „etwas sein wollen“ – verstärken nur die Diskrepanz zwischen Ist- und Soll-Zustand und vertiefen damit Unfrieden, Widerstand, Begehren und Anhaftung. Schön fürs Ego, blöd für deine wahre Essenz!

 

Du darfst zuerst dein ganzes Sein auf deine Göttlichkeit ausrichten, dann folgt alles im Außen von ganz allein. Genauso wie du dich zuerst deinem eigenen Erwachen widmen darfst, bevor sich etwas in „der Gesellschaft“ wandelt. Kürzlich bin ich zufällig mit einer lieben Freundin auf einem Vortrag und Buchvorstellung einer alternativen Lebensgemeinschaft gelandet. Die Sehnsucht danach ist offensichtlich riesengroß, wie sich an der enormen Zahl von Zuhörern und dem großen Interesse an Gemeinschaften im Münchner Umland zeigte! Auch hier hörte ich immer wieder die Worte „Utopie“, „Traum“, „Ideal“. Das Problem ist, dass dieses ganze Leben ein Traum ist. Es kann doch nicht die Lösung sein, einen alternativen Traum zu träumen, es geht darum zu erwachen. Es geht darum zu erkennen, dass in Wirklichkeit alles genau richtig ist so wie es ist. Die vermeintlichen Gegensätze von Gut und Böse, Arm und Reich, Krieg und Frieden ergeben ein Ganzes. Diese Welt, so wie sie ist, ist das Wunder, die Einheit – geflochten aus dem Netz der Liebe. Nur der träumende und trennende Geist kann das nicht sehen. Für die menschliche Erfahrung aber kann es keinen anderen Rahmen geben als den, den wir kennen.

 

Schau dir den Marxismus oder Kommunismus an – einer der kühnsten Träume von Gerechtigkeit, Gleichheit, Frieden und Freiheit, der je auf dieser Welt geträumt wurde. Und – wie wundervoll – dieser Traum konnte sogar im großen Stil in ganzen Staaten verwirklicht werden. Und was ist daraus geworden? Ein Sumpf aus Unterdrückung, Ausbeutung, Despotie, Folter, Krieg, Angst, Unfreiheit, Verfall. Aus der Traum! Wie konnte das passieren? Wo doch alle nur das Beste wollten? Es funktioniert nicht, an den Rädchen im Außen zu drehen und neue, „friedliche“ Gesellschaftsstrukturen oder Gemeinschaftsregeln zu implementieren und dann unerwachte Menschen, die noch mitten im Krieg mit sich selbst sind, da rein zu stellen. Die Menschen bleiben die gleichen – unbewusst und unfrei. Bestimmt mit einer großen, edlen Sehnsucht im Herzen, das will ich gar nicht absprechen – aber dennoch schlafend. Das kann nicht funktionieren, nicht im großen Stil mit zu vielen Beteiligten. Es gibt eben keine Gesellschaft, es gibt nur Menschen! Und die Crux ist, wenn ein Mensch erwacht ist, dann braucht er keine Gesellschaft, keine Gemeinschaften mehr. Dann braucht er einfach keine Normen, Werte, Regeln, Moral, Struktur und Richtlinien im Außen mehr! Er sieht die Wahrheit, er sieht die Einheit allen Seins. Er ist mit allem und jedem verbunden, er weiß jetzt um die Liebe und den Frieden hinter allem was ist. Dieser Mensch ist nicht gegen die Gesellschaft, er hat die Gesellschaft transzendiert. Wir dürfen uns immer wieder bewusst machen, dass alles was wir hier vorfinden Projektionen unseres Egos sind. Der Krieg im Außen ist doch nur ein Spiegel des Krieges in uns selbst. Die Unterdrückung, Ausbeutung, Gewalt, Verurteilung – alles was wir „da draußen“ ablehnen ist tief in uns verwurzelt. Wir lehnen damit uns selbst ab – und damit das Leben und die Quelle, Einheit, Gott (wie auch immer du das nennen magst). Es gibt nur ein Heilmittel dagegen: alle Ur-teile (was für ein schönes Wort, oder?) zu uns zurück zu nehmen, und mit den heilen und heilenden Augen der Liebe schauen.

 

Bezeichnend finde ich in diesem Zusammenhang eine Frage aus dem Publikum, die während des Vortrags aufkam. Ein junger Mann fragte voller Euphorie, ob denn das Leben in dieser gewaltfreien, neuen Gesellschaft bedeuten würde, dass man nun nicht mehr so viel an sich selbst arbeiten müsse. Da wäre ich fast vom Stuhl gefallen. Ja, der hat offensichtlich umrissen, worum es geht. Ein feiner Anstrich und Makulatur im Außen, um dem inneren „Dreck“ entfliehen zu können. Aber schade, es gibt kein Entkommen. Ich würde mich ja auch gern ins Paradies beamen um meiner eigenen Dunkelheit nicht mehr ins Auge schauen zu müssen. Aber das funktioniert halt leider nicht. Die wenigsten Menschen stellen sich ihren schmerzhaften Lektionen aus purer Liebe und Leichtigkeit und ohne Not-Wendigkeit. Wir wären sonst nicht hier! In einer Lebensgemeinschaft, die ihren Mitgliedern von oben herab Licht und Liebe als höchstes Prinzip überstülpt (wer entscheidet eigentlich, was Liebe ist??? Kommt die nicht manchmal in komischen Verkleidungen daher?), ist das Erwachen umso schwieriger. Sein natürliches Leuchten im künstlichen Neonlicht zu erkennen, ist schwieriger, als es im Dunkel zu erfahren. Was uns ins Erwachen, in die Erkenntnis, in die Stille zwingt, sind gerade Krankheit, Krieg, Verlust, Armut, Gewalt, Ungerechtigkeit und Leid. Es ist eine Frage der Entscheidung: Willst du sanft gebettet in Ruhe weiter schlafen oder willst du erwachen, dich aus dem Rad des Leids befreien? Willst du eine Illusion gegen eine andere tauschen oder willst du wahrhaft erkennen? Dann sei mutig und stelle dich dem, was ist. Diese angeblichen gewaltfreien Lebensformen sind oft von einer viel tieferen, subtileren Gewalt gekennzeichnet, als die, vor der sie geflohen sind. Es gibt zu viele Gemeinschaftsprojekte, die im „Kleinkrieg“ geendet sind, oder deren Mitglieder auf Wolke 185 des rosaroten, spirituellen Egotrips schweben, oder Friedensprojekte, die aufgrund von Kleinigkeiten im Unfrieden auseinandergefallen sind. Es funktioniert nicht wirklich. Es kann nicht funktionieren. Allenfalls auf Kosten deiner eigenen Wahrhaftigkeit. Bleib bei dir. Sei du die Veränderung, die du in der Welt sehen willst! Aber lass die Finger davon, die Welt zu verändern. Und freu dich, wenn es dir gelingt, mit deinem Partner, deinen Kindern und deinen Eltern im Frieden (oder gar in Liebe?) zu sein. Schaffst du das denn?

 

Da wären wir schon bei einer der schwierigsten spirituellen Fragen angelangt. Wenn ich erwacht bin, wie bewege ich mich zwischen der tiefen Erkenntnis aus meiner innersten Essenz, dass alles gut und vollkommen ist, so wie es ist, und der gleichzeitigen Konfrontation mit Ungerechtigkeit, Ausbeutung, Gewalt, der ich als Mensch in der Dualität ausgesetzt bin? Es ist ja nicht so, dass man sich nach dem Erwachen nicht mehr weiter in der Illusion bewegen müsste oder das Ego nicht mehr da wäre. Diese Zerrissenheit zwischen zwei Welten kann sehr zermürbend und schwierig sein. Auch hierüber bin ich vor einiger Zeit mit einer ehemaligen Kommilitonin in Diskussion geraten. Als Journalistin beschäftigt sie sich viel mit Themen wie Nationalsozialismus, Flüchtlings- und Asylpolitik, sozialer Ungerechtigkeit usw. Sie ist der Überzeugung, dass man gegen all diese Sachen ankämpfen müsse. Voller Bewunderung erzählte sie mir von einer Frau, die sie vor kurzem im Fernsehen gesehen hatte, die sich seit Jahren im Kampf gegen einen großen Tiermastbetrieb befindet, weil hier Menschen ausgebeutet und krank gemacht werden. Die Frau ist wohl mittlerweile selbst ziemlich am Ende, krank, ernüchtert, einsam und bitter, aber sie macht weiter. Dies ist eine der großen Heldinnen meiner Freundin. Ich kann das verstehen. Ein Teil von mir verneigt sich auch vor Menschen, die nicht aufhören gegen Ungerechtigkeiten zu kämpfen, für die Rechte Schwächerer zu streiten oder gegen die großen Konzerne und Banken anzugehen. Das ist auf einer bestimmten Ebene sicher edel, aber was wird dadurch gewonnen? Das Außen ist ein Spiegel des eigenen Unfriedens, der eigenen Bewertungen, der eigenen Ängste, der eigenen Intoleranz, des eigenen Opfergefühls, der eigenen Erniedrigung, der eigenen Wut. Und wenn ich diese „Kämpfer“ so anschaue, dann sind das nicht gerade die Menschen, die mich wirklich im Herzen berühren. Strahlen sie doch selbst in der Regel das aus, was sie bekämpfen, nämlich Aggression, Verurteilung, Verzweiflung und Verbitterung. Gegen etwas zu kämpfen kann nie funktionieren, denn ich gebe damit ja gerade dem Energie, was ich nicht haben möchte. Vielleicht ist dem „David“ mal ein kleiner Erfolg gegen einen der Goliaths vergönnt, aber dann sprießt doch vor einem anderen Haus wieder ein neuer Pilz der Ungerechtigkeit empor. Dieses Kämpfen ist ein Spiel, an dem das Ego große Freude hat. Es gefällt sich sehr als kleiner Che Guevara oder als Märtyrer (Als Studentin war ich auch verliebt in Che Guevara (auch wenn schon längst tot, denn so alt bin ich ja nun auch wieder nicht), und ich habe davon geträumt an der Seite dieses unglaublich mutigen, charismatischen, freien, wilden Mannes gegen die bösen Ausbeuter und Großgrundbesitzer zu kämpfen. Wow! 😉 ). Aber das ist nicht der Weg – glaube ich.

 

Ich denke, es ist wichtig und versteht sich von selbst, auch als spirituell erwachter Mensch engagiert zu bleiben, sich für das Wahre einzusetzen und Mitgeschöpfe gegen Gewalt und Ungerechtigkeit zu beschützen, auf Missstände in aller Deutlichkeit aufmerksam zu machen und andere Wege aufzuzeigen. Eine echte Veränderung kann ich aber nur herbeiführen, wenn ich mich selbst verändere. In Liebe das leben, was ich als richtig und segensreich erkannt habe, statt gegen „das Böse“ zu kämpfen. So entzünde ich ein Licht der Liebe und der Bewusstheit und werde zum Vorreiter des Wandels. Ich bin mir ziemlich sicher, ich würde mein Leben opfern für meine Überzeugungen und für die Liebe. Aber ich glaube nicht, dass ich mein Leben opfern wollen würde im Kampf gegen Windmühlen. Und ich will auch nicht, dass irgendein Mensch das tun muss – letztlich nur weil ich mich nicht verändern und konsequent sein will. Wieder kann ich nur die wahren Worte von Gandhi zitieren: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ Dafür musst du aber erst mal wissen, was du willst, und nicht nur, wogegen du bist. Sag ja zu allem was in dir und außerhalb von dir ist, und dann lebe aus deiner inneren Freude und Begeisterung und tiefen Verantwortung für alle lebenden Wesen heraus, lebe bewusst, und überzeuge durch dein friedvolles, liebevolles, strahlendes und mitfühlendes Sein. Die, die das tun, sind MEINE Helden! Das sind die wahren Revolutionäre, die wirklich etwas verändern – still und langsam, aber beständig. Das sind die Schöpfer einer neuen Erde, die mit starken Wurzeln von innen heraus wächst. Das sind die, in deren Augen du schaust, und dann ist nichts mehr so wie es vorher war. Weil du etwas aufblitzen sehen hast. Ein Funkeln, das dich an etwas in dir selbst erinnert. Und dann fängst du an zu suchen. Du hast Feuer gefangen, eine Sehnsucht ist geweckt, und du weißt, dass es möglich ist: ein Leben im Einklang mit dir selbst, mit deinem Herzen und mit der gesamten Schöpfung. Und du weißt, dass nur die Liebe etwas verändern und heilen kann. Und diese Liebe ist bereits in allem was existiert. Es würde nicht leben, wenn es nicht von der Liebe beseelt wäre! Man muss sie nur berühren, wachküssen.

 

Marianne Williamson hat den wunderbaren Satz geschrieben, „Alles ist entweder Liebe oder ein Schrei nach Liebe.“ Wie können wir den Schrei nach Liebe mit Verurteilung, Ablehnung und Kampf beantworten? Das sollten wir nicht tun, denn es macht uns selbst zu „den Bösen“. Wenn dein Kind schreit und brüllt und um sich schlägt, dann haust du doch auch nicht drauf. Dann nimmst du es an dein Herz, streichelst es, singst ihm ein Lied und hüllst es ein in deine Liebe. Du hast keine Ahnung, warum es gerade durchdreht, aber das ist auch egal. Dein Kind kämpft etwas aus und du gibst ihm einfach deine Liebe. Ihr werdet beide ruhig, ihr kommt wieder zu euch, ihr seid tief verbunden. Das ist Heilung. Liebe fragt nicht, Liebe bewertet nicht, Liebe dosiert nicht, sie verströmt sich einfach dahin, wo sie gebraucht wird. „Schenk mir Liebe, wenn ich sie am wenigsten zu verdienen scheine, denn dann brauche ich sie am meisten.“, das ist ein anderer Satz, der mir sehr gefällt. Die Welt braucht unsere Liebe, sonst nichts. Jeder Mensch braucht unsere Liebe. Jeder!

 

Woran die Welt krankt, sind nicht böse Konzerne, einzelne machthungrige Menschen, gierige Banken, oberflächliche „Künstler“, konsumsüchtige Workaholics oder unfähige Politiker. Die Welt krankt am Tiefschlaf. Wir alle schlafen, wir sind unbewusst und unfrei. Und wir kranken daran, dass wir unser wahres Wesen und unser So-sein, unser Lachen und unsere Liebe, unsere Authentizität und Wildnatur beständig verleugnen. Also kümmern wir uns doch endlich darum aufzuwachen, fangen wir an, uns frei zu machen von allen Prägungen und Erwartungen und wieder wir selbst zu werden, und sorgen wir dafür, dass die, die uns anvertraut sind, sich in einer Atmosphäre der Freiheit, des Vertrauens und der Liebe entfalten dürfen. Und: Bringen wir denen, die in einer Welt voller Zwänge und Lieblosigkeit rücksichtslos, brutal, gierig und angsterfüllt geworden sind, unser Mitgefühl entgegen und lassen wir das Strahlen unserer erwachenden Augen ihr Herz berühren, um auch in ihnen eine Sehnsucht zu wecken…. Lasst uns darauf vertrauen, dass unsere Liebe heilt und verändert!

 

In alter Verbundenheit mit allen kämpfenden Weltverbesserern hätte ich jetzt zum Abschluss fast die Faust gen Himmel gereckt und gebrüllt „Viva el Ché“. Aber ich kann gerade noch an mir halten und flüstere lieber mit der sanften Stimme des Herzens: „Viva la revolución en el interior! Viva la vida!“ Auf die Revolution im Innern! Es lebe das Leben!

 

Deine Christine Samira

 

P.S.: Besonders lieben Gruß und Dank an Ulrich, Steffi und Elke für tolle Inspirationen, fürs Reflektieren und Diskutieren. Ihr seid wunderbar! Bis bald!

 

Und noch was ganz anderes :-D… eine kleine Info für alle Kaffeetanten (und –onkels) wie mich… Heute habe ich gelesen, dass eine Harvard-Studie mit 1,3 Millionen Teilnehmern ergeben hat, dass Menschen, die zwischen drei und fünf Tassen Kaffee pro Tag trinken, seltener einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden als solche, die gar keinen Kaffee trinken. Yeah Lovelies, das Leben meint es wirklich gut mit uns!!! 😉

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Viele Menschen in meinem Umfeld denken darüber nach, wie sie die Gesellschaft verändern können, ob sie in die Politik gehen, eine Partei gründen, oder sich in irgendwelchen spirituellen Gemeinschaften zusammenschließen sollen. Ich weiß nicht, ob das wirklich ein sinnvoller Weg ist. Ich denke, es geht vielmehr darum, feste Strukturen zu überwinden und überflüssig zu machen. Gesellschaftliche, politische und spirituelle Strukturen funktionieren immer über Richtlinien, Dogmen, Weltanschauungen und Abgrenzung – Einteilungen was gut und schlecht, richtig oder falsch ist, Ansichten wie „man“ oder die Gemeinschaft zu sein hat und Widerstand gegen das, was anders ist. Selbst wenn die beste Absicht dahinter steht, macht das genauso wieder unfrei und unselbstständig – es schnürt unser Herz ab und trennt uns von der All-einheit. DU allein musst der Wandel sein, den DU dir wünschst. Wenn DU dich veränderst, verändert sich die ganze Welt. So viele Menschen sind unglücklich mit ihrer Partnerschaft, ihrem Job und ihrem ganzen Leben. Aber sie trauen sich einfach nicht, authentisch zu sein, wirklich sich selbst einzubringen, mit ihren Gefühlen, ihren Visionen und wahren Gedanken. Aber von wem soll der Wandel ausgehen, wenn nicht endlich jeder einzelne anfängt, wieder wirklich MENSCH zu sein, Herzenslicht zu sein, Freude zu sein? Denk nicht darüber nach, wie du im Außen etwas verändern kannst, wie du die anderen zum Umdenken und zum „besseren“ Handeln bewegen kannst, oder gar sie retten kannst. Kümmere dich um dich und um dein Leben! Damit hast du genug zu tun, und nur so kann sich im Großen etwas verändern. Du wirst zum Leuchtturm – und viele kleine Leuchttürme werden zum großen Licht, an dem sich andere orientieren können. Wenn sie es möchten. Unterschätze deine Macht nicht. DU kreierst deine Welt. Alle Macht, die ein Mensch hat, beschränkt sich auf ihn selbst. Dies ist die einzige, aber eine unbeschreiblich große Macht! Und deine Macht beschränkt sich auch auf das Hier und Jetzt. Du lebst weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft. SEI einfach der Wandel, den du dir wünschst – jetzt! Kümmere dich nicht um äußere Strukturen und „die Gesellschaft“. Erobere du selbst dir deine Freiheit zurück und lebe.

Freiheit ist das oberste Lebensprinzip. Aber mit Freiheit können nur Menschen umgehen, die in der LIEBE und EINHEIT sind, die klar sehen können, die wirklich innerlich frei sind von allem – von Glauben, von Moralvorstellungen, von Konzepten von „Richtig“ und „Falsch“, von der Zugehörigkeit zu einer spirituellen oder politischen Gruppe, einer Nationalität oder „Rasse“, von Gegenständen und „Krücken“, von der Vergangenheit und der Zukunft. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein großer Fan von Osho bin, und wer meinen Blog verfolgt, ahnt wohl, dass ich in vielen Dingen von ihm inspiriert bin. Was er als Mensch für Schwierigkeiten, Probleme und Eitelkeiten hatte, interessiert mich nicht. Auch er hatte sein Ego, ist sicherlich in verschiedenste Fallen getappt und vermutlich haben sich in seinem Leben wie im Leben jedes Menschen Momente der Klarheit, der tiefen Herzensverbundenheit und Weisheit mit Momenten der Angst und Egozentrik abgewechselt. Wer will ihm das vorwerfen? Muss ein Mensch perfekt sein? Nein, denn wer nach außen hin immer eine perfekte Hülle und stets weiße Weste präsentiert, der ist vermutlich noch tiefer auf dem Holzweg und im Verrat seines eigenen Herzens, als einer der abwechselnd Erleuchteter und  Vollidiot ist. Ich habe diesen Menschen nicht persönlich gekannt, deshalb maße ich mir kein Urteil an, will ihn weder niedermachen noch verteidigen. Ich stehe von meinem Gefühl her auch nicht hinter allem, was er gesagt und gelehrt hat, aber ganz vieles geht mit meiner eigenen Wahrheit in tiefe Resonanz. Und das berührt mich.

Kurzum, was ich an Osho genial finde, ist, dass er den Menschen immer wieder auf sich selbst zurück wirft. Er nimmt dir alle Sicherheiten, er provoziert bis aufs Äußerste und stellt alles in Frage. Er fragt so lange, bis du nichts mehr weißt, er bohrt so lange in deinen Gefühlen, bis du nichts mehr fühlst. Er nährt und verehrt den Zweifel. Zweifel hat in unserem Menschsein und v.a. in spirituellen Glaubensrichtungen und esoterischen Traditionen keinen Platz. Du sollst nicht zweifeln. DOCH, DU SOLLST! Zweifle an allem was dir richtig scheint, an allem was du tust und zu wissen glaubst, an allem was du zu sein scheinst, an allem was du siehst und hörst. Zweifle so lange, bis du an einen Punkt kommst, wo NICHTS mehr ist, wo du dich an nichts mehr klammern kannst. Dann bekommst du eine Ahnung von deinem wahren SELBST, dann erst wirst du langsam immer freier. Wer bist du, wenn du nicht mehr der Ingenieur oder die Lehrerin bist, wer bist du, wenn es keinen Gott gibt, wer bist du, wenn es keine Regeln und Vorschriften mehr gibt, wer bist du ohne deinen Besitz und deine Diplome, wer bist du, wenn du nicht der große Heiler bist, wer bist du, wenn es keine Engel, keine Chakren, keine früheren Inkarnationen, kein Atlantis gibt, wer bist du ohne deine anerzogene Moral, Gebote und Wertvorstellungen, wer bist du, wenn es keine Etiketten und Schubladen mehr gibt, wer bist du, ohne all das vermeintliche Wissen über die Welt, das man dir eingetrichtert hat, wer bist du, wenn man dir deinen Namen, dein schönes Gesicht und deinen Körper nimmt, wer bist du, wenn du von deinem Partner, deinen Eltern oder Kollegen nicht mehr geliebt wirst. Wer bist du, wenn NICHTS mehr ist, was dich und deine Welt definiert und ausmacht? Hab den Mut, deine ganze Welt zum Einsturz zu bringen. Sie ist sowieso nichts als eine Scheinwelt. Du wirst in ein tiefes Loch, in eine tiefe Depression fallen, aber nur indem du dich verlierst, kannst du dich wirklich finden.

Frei kannst du nur werden, wenn du dich von allem frei machst. Gerade von dem, was dir am meisten Sicherheit bietet. Du glaubst an dein angelesenes Wissen? Wirf es weg, es ist nichts wert! Du glaubst an Gott? Er gibt dir Sicherheit, Trost, Führung und Sinn? Dann wirf deinen Gott weg! „Wenn du Buddha triffst, töte ihn“, heißt es in einem Zen-Spruch. Du traust dich nicht – aber du glaubst trotzdem, du seist spirituell??? Glaube ist das Gegenteil von Spiritualität. Spiritualität ist ein anderes Wort für Freiheit. Den Weg der Spiritualität zu gehen, heißt, sich nach und nach von ALLEM frei zu machen und alle Sicherheiten, alles Wissen, allen Glauben, alle Konzepte und alle Hilfsmittel loszulassen. Oh je, und so viele machen genau das Gegenteil, sie beladen sich auf ihrem spirituellen Weg mit immer noch mehr Ballast und Illusion. Dogmen, Regeln und Glaubenslehren (einfach nur die alten eingetauscht gegen neue), spirituelle Namen, übersinnliche „Fähigkeiten“, die einen über andere erheben, Identifikation mit früheren Inkarnationen, Lichtkörper, spirituelle Auszeichnungen und Titel, Hilfsmittel, die Kraft und besondere Autorität verleihen sollen, Konzepte von Richtig und Falsch, Gut und Böse, Gesund und Krank, usw. Du sollst weniger werden, nicht mehr! Du sollst freier werden, nicht noch unfreier! Nackt sein! Die spirituelle Szene ist sehr lustig! Wir sind lustig!

Wir müssen uns wieder trauen, zu zweifeln. Aber das trainieren wir ja schon unseren Kindern ab. Kinder sind wunderbare Lehrer. Warum meinen eigentlich immer die Erwachsenen, sie müssten Kinder erziehen? Umgekehrt sollte es sein, wir sollten uns von unseren Kindern unsere Erziehung wieder wegnehmen lassen und wieder echt und wahrhaftig werden. Unschuldig , rein, lachenden und liebenden und neugierigen Herzens! Und wir sollten ihnen die Freiheit schenken, denkende und fühlende Wesen zu werden statt geprägter und vergewaltigter Roboter. Wachsen lassen, Raum geben zu erblühen, nicht er-ziehen!!! Gab’s da nicht schon mal einen, der gesagt hat, wir sollten wieder werden wie die Kinder, um in den „Himmel“ zu kommen? Er hat nicht gesagt, dass wir die Kinder in unsere Hölle ziehen sollen.  Was heißt „Himmel“? „Himmel“ heißt für mich zu leben, wirklich zu leben, aus dem Herzen heraus zu SEIN. Wer tut das schon? Mir wird immer ganz übel, wenn ich so kleine, zugeschnittene Bonsaibäumchen sehe. Es macht mich traurig, einen großen, freien Baum so beschnitten und in eine rigide Form gezwängt zu sehen. Aber genau das passiert mit uns Menschen. Genauso sind unsere Eltern vergewaltigt worden, genauso haben sie uns vergewaltigt, und genauso vergewaltigen wir unsere Kinder. Wann hat der Wahnsinn ein Ende? Wann dürfen wir unsere Zweige wieder in den Himmel wachsen lassen? Wann dürfen wir wieder sein, so wie wir sind? Oder besser gesagt, wann erlauben wir es uns endlich? WANN WOLLEN WIR FREI SEIN UND UNSERE KINDER ZU FREIEN, GLÜCKLICHEN MENSCHEN AUFWACHSEN LASSEN? Es mag sein, dass du als junger Mensch beschnitten und geformt wurdest. Aber jetzt bist du es selbst, der die Schere ansetzt und sein eigenes Wachstum beschneidet. Wirf Schere und Draht weg, und spreng dein enges Töpfchen, dann wird aus dem Bonsai wieder ein echter, großer, wilder, freier Baum!

Mit ihren „Warums?“ hätten unsere Kinder die Macht, uns zu erlösen und zu erleuchten. Aber wir verbieten ihnen das Fragen, denn wir haben Angst, an den Punkt geführt zu werden, an dem die Beschränktheit, Lächerlichkeit und Unsinnigkeit unserer Regeln, Dogmen und unseres Verhaltens und  vermeintlichen Wissens ans Licht kommen. Wir haben Angst davor, zu sagen, „ich weiß es nicht“, Angst, keine Rechtfertigung für unseren eigenen Blödsinn mehr zu finden. Angst davor, dümmer zu sein, als so ein kleines Kind. Aber es ist leider Fakt: Wir sind dumm! Wir wissen, dass wir selbst uns verloren haben und nur noch dumme, unfreie, nachplappernde, funktionierende, angepasste Marionetten sind. Wir wissen tief drinnen, dass wir unser Leben auf Sand gebaut haben. Und den lassen wir uns nicht gern abgraben. Lieber stürzen wir unsere Kinder in dasselbe Unglück. Warum auch nicht, denken wir uns, solange keiner zu rütteln und zu graben anfängt, lebt es sich im Treibsand doch ganz gut. Und wer hat uns schon versprochen, dass das Leben Freude und Lust ist? Und außerdem haben wir uns doch so viele tolle Sicherheitsnetze aufgebaut, die uns vorm Versinken schützen. Wenn WIR schon nicht leben durften und es uns jetzt wo wir könnten, nicht mehr trauen, dann gönnen wir auch unseren Kindern kein Leben. Wir können richtige Monster sein! Und das alles, weil wir aufgehört haben zu denken und zu fühlen, Dinge selbst zu er-fahren. Weil wir unser Fühlen, unsere Herzenssehnsucht, unsere Talente, unsere Weisheit und Einzigartigkeit verraten haben. Weil wir verlernt haben zu zweifeln. Weil wir gelernt haben, alle Brocken, die uns hingeworfen werden, schön brav zu fressen – egal ob von der Kirche, dem Staat, den Meinungsführern und Autoritäten, der Esoterik, der Wirtschaft, den Medien, den Schulen und Universitäten. Weil wir ETWAS sein wollten, statt einfach zu SEIN. Und weil wir jetzt nicht mehr den Mut haben, alles loszulassen, was wir uns in dieser Scheinwelt so hart erarbeitet haben und was uns Sicherheit und Identität und Anerkennung gibt. Weil wir nicht mehr den Mut haben, an unserem Leben und Denken und Glauben zu zweifeln. Weil wir nicht mehr den Mut haben, dieses Haus auf Sand zum Einsturz zu bringen. Weil wir uns nicht trauen, frei zu sein.

„Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein.“, hat Albert Einstein gesagt. Es wird Zeit, unseren bequemen, warmen Pelz abzustreifen und aus der Herde auszubrechen!!! Oder ziehst du die Sicherheit deiner Schafherde vor? Dann beklag dich aber nicht übers Schafsein…

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„Die Leute staunen und sagen, dass es ein Wunder sei, auf dem Wasser zu laufen. Nun, für mich ist es ein Wunder auf der Erde zu gehen.“ Thich Nhat Hanh

Eigentlich mag ich das Wort „spirituell“ gern. Ich würde mich selbst als spirituellen Menschen bezeichnen, und umgebe mich auch gern mit solcher Art Menschen. Aber zur Zeit wird mir diese Bezeichnung immer mehr zum Reizwort. Und mehr und mehr suspekt. Dieses Attribut ist mir in den letzten Tagen so oft in Zusammenhängen begegnet, über die ich ehrlich gesagt schon ein wenig erstaunt bin. Ich wundere mich, wer und was so alles als „spirituell“ gilt. Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, als ginge ein großer Teil der „spirituell Suchenden“ einer riesigen Täuschung in die Falle. Was da passiert, ist kein Erwachen und Bewusstwerdung, sondern einfach nur eine Umlenkung der Identifikationen und des Ego – weg von der materiellen Welt hin in eine geistig-esoterische Welt. Die Identifikation und das Ego werden nicht weniger – im Gegenteil!!! Da wird eine Illusion gegen eine andere, viel subtilere, getauscht… vom weltlichen Arschloch zum spirituellen Gutmenschen. Ei, ei, ei, wacht endlich auf, möchte ich da am liebsten schreien. Ihr verstrickt euch noch so viel tiefer ins Ego und in die Verblendung, als wenn ihr nie auf die spirituelle Suche gegangen wärt! So mancher „weltliche Blindgänger“ ist noch präsenter und bewusster, als diese esoterischen Überflieger. Letztere sind viel gefährlicher als ein „ganz normaler“ unbewusster Mensch, denn sie fühlen sich ethisch überlegen, in ihrer seelischen Entwicklung „weiter“, und sind sicher, die Wahrheit, die Moral und den göttlichen Segen für sich gepachtet zu haben. Und sie haben ihr Ego natürlich schon längst überwunden, denn sie sind ja immer in Licht und Liebe. Und wenn sie nicht so ein reines Herz hätten und so weit entwickelt wären, dann könnten sie ja auch nicht mit Engeln kommunizieren, in der Akasha-Chronik lesen, Verstorbene sehen, Mutter Maria channeln, Astralreisen unternehmen und die Aura ihrer Mitmenschen wahrnehmen. Und die ganz Großen unter ihnen lassen dann sogar noch Asche aus ihren Händen rieseln und laufen übers Wasser. Wow, toll!!!

So, jetzt aber genug des Zynismus. In Wirklichkeit macht es mich einfach nachdenklich und fassungslos, wie viel Verblendung und aufgeblähtes Ego unter den sogenannten Spirituellen herrscht. Hattet ihr nicht irgendwann mal eure Suche begonnen mit der Sehnsucht, eure eigene Essenz und Göttlichkeit zu erfahren, ganz im Hier und Jetzt aufzugehen, in die bedingungslose Liebe einzutauchen, von der Illusion der Trennung und der Dualität in die Einheit allen Seins zu erwachen? Wie konnte es sein, dass ihr von diesem Weg der Einfachheit und Ursprünglichkeit abgedriftet seid auf einen Pfad der spirituellen Überheblichkeit und Täuschung? Passt auf euch auf. Macht die Augen auf, lasst euch nicht verführen! WACHT AUF!

Ich denke, das große Problem ist, dass es in unserer Kultur keine gelebte spirituelle Tradition gibt. Die Menschen, die eine Sehnsucht nach Tiefe, nach Bewusstheit und nach Antworten auf die essentiellen Fragen des Lebens verspüren, wenden sich eben zum großen Teil der Esoterik zu. Hier hat sich mittlerweile eine regelrechte Parallelwelt entwickelt. Was in unserer stofflichen Welt das Bankkonto, das fette Auto, der tolle Job, der soziale Status, ein attraktives Aussehen, diverse Titel und Diplome und die Designerwohnung ist, ist in der „spirituellen“ Welt die Hellsichtigkeit, die Fähigkeit der Zukunftsdeutung, die Kommunikation mit Engeln, Geistführern, Verstorbenen und aufgestiegenen Meistern, alte Inkarnationen in Atlantis, die Gabe zu heilen, usw. Der eine identifiziert sich mit seiner teuren Segelyacht, der andere mit seiner Fähigkeit, in vergangenen Leben lesen zu können, der eine mit seinem durchgestylten Modelkörper, der andere mit seiner Herkunft vom Planeten Sirius. Wer hat nun das größere Ego? Wer ist tiefer auf dem Irrweg?

„Jemand sagte einmal zu Ramakrishna: ‚Mein Meister ist ein großer Meister. Er kann über Wasser gehen.’ Ramakrishna antwortete: ‚So ein Unsinn! Ich gebe dem Fährmann zwei Pennies und schon bringt er mich ans andere Ufer. Dein Meister ist ein Dummkopf. Geh zu ihm und mach ihm klar, dass er sein Leben nicht verschwenden soll. Es passiert so leicht.’ Der Verstand sehnt sich nach solchen Spielchen. (…) Manchmal denkt er an Geld oder daran, ein größeres Haus zu haben, mehr respektiert zu werden oder über mehr politische Macht zu verfügen. Wenn du dich schließlich der Spiritualität zuwendest, ist dein Verstand immer noch der gleiche. Jetzt sehnst du dich nach einem Mehr an geistigen Kräften – Telepathie, Hellsichtigkeit und all den anderen Unsinn. (…) Das Leben selbst ist ein Wunder, aber das Ego ist nicht bereit, diese Tatsache zu akzeptieren. Es möchte etwas Besonderes leisten, etwas, das niemand sonst kann, etwas Außergewöhnliches.“ Osho

Verstehst du? Es geht in diesem Leben genauso wenig um Hellsichtigkeit wie es um ein teures Luxus-Auto geht. Für viele gilt ein Mensch erst dann als wirklich spirituell, wenn er offensichtlich über „besondere“ Heilkräfte verfügt, alle möglichen Energien wahrnehmen kann, die Zukunft voraussehen kann, verirrte Seelen ins Licht führen kann, mit der geistigen Welt kommunizieren kann, und so weiter und so fort. Und in je höherem Maße er das praktiziert, umso weiter fortgeschritten, umso spiritueller und umso bewusster soll er sein. Und dementsprechend: Wer in dieser Szene etwas gelten und sich Anerkennung verschaffen will, wer sich den massenhaften Zulauf ratsuchender Menschen sichern will, wer hier zu den Großen zählen will, der muss schon ordentlich mit diesen „außergewöhnlichen Fähigkeiten“ klotzen. Seid ihr denn noch zu retten? Seht ihr nicht, wie verrückt das ist? Freu dich, wenn du diese Fähigkeiten hast, halt den Mund und geh weiter. Identifiziere dich nicht damit, mach dich nicht wichtig, nutze diese Gabe nicht aus, um Macht über andere zu haben. Und wenn du diese Fähigkeiten nicht hast, freu dich, dass diese Versuchung an dir vorüber geht, und widme dich nicht noch extra der Schulung dieser Dinge. Du brauchst sie nicht, es wäre bloße Zeitverschwendung! Schenk dieser Begabung bei anderen Menschen keine große Aufmerksamkeit, damit hilfst du ihnen am meisten. Sie hat keinen Wert an sich. Es ist nichts, was du für ein spirituelles, waches, bewusstes Leben brauchst. Und du brauchst auch diese Menschen nicht. Es gibt kein Problem, für dessen Lösung du nicht selbst alles in der Hand hättest, und es gibt keine Frage, auf die du nicht in deinem eigenen Herzen eine Antwort finden würdest. VERTRAU DIR. SEI MENSCH. Such nicht nach Wundern und wunderbegabten Wesen. Nimm endlich das Wunder wahr, das du selbst bist, und sieh das Wunder im Kleinsten der Schöpfung. Hab den Mut, ein Nichts zu sein und dich aufzulösen im Ozean der Liebe. Nur so findest du nach Hause. Lass dich nicht ablenken von Zauberkünstlern, Gurus und Marktschreiern. Die wahrhaft Großen und Erleuchteten sind die Leisen, die Einfachen, die Demütigen, die, die DU nie erkennen wirst, solange du mit den begierigen, nach Anerkennung, Führung und Bestätigung heischenden Augen des Ego statt mit den klaren, unschuldigen Augen des Herzens schaust. Wie heißt es so schön in einem Zen-Spruch: „Wenn du Buddha triffst, töte ihn.“

Wenn du wirklich nach Antworten suchst, wenn du wirklich ein spirituelles Leben leben willst, dann hab endlich den Mut, in die Tiefe zu gehen – über oberflächliche Konzepte und Äußerlichkeiten hinweg. Tauch endlich ein ins Mysterium des Lebens statt in eine Parallelwelt zu flüchten. Geh durch deine Ängste und Schatten hindurch und entzünde dein Licht. Halte dich nicht auf mit einem Pseudo-Lichtlein. Du betrügst dich doch nur selbst! Die Wunderbegabten, die „besonders weit Entwickelten“, die sich zu Hauf auf dieser Welt tummeln, sind alles Feiglinge. Sie machen sich so lächerlich wichtig und glauben, schon so gut wie am Ziel zu sein. Dabei kratzen sie doch nur an der Oberfläche. Sie haben nur die Welten getauscht, nichts weiter. Und die Bewunderer solcher Menschen laufen einem armseligen Trugbild von Spiritualität hinterher, das sie nur immer weiter von sich selbst und von Gott entfernt. Wacht auf!

Was ist ein spiritueller Mensch? Eines steht fest: es hat rein gar nichts mit derartigen außersinnlichen Fähigkeiten zu tun. Das ist wie mit dem Singen, einer Fremdsprache oder der Malerei. Der eine hat ein großes angeborenes Talent dafür, der andere weniger. Einer hat viel Zeit ins Üben investiert, ein anderer weniger, und der nächste hat überhaupt kein Interesse daran. Kämst du auf die Idee, dass ein Mensch, der perfekt Tangotanzen kann, ein besserer oder bewussterer ist, als einer, der zwei linke Beine beim Tanzen hat? Oder dass ein Mensch, der Meister im Klavierspiel ist, weiter entwickelt ist, als einer, der gerade mal ein paar schiefe Töne auf der Mundharmonika hinkriegt? Wohl kaum, oder? Komisch, dass in der „spirituellen Welt“ ein anderer Maßstab gilt, und gewisse Begabungen mit dem Entwicklungsstand und dem Bewusstheitsgrad eines Menschen gleichgestellt werden. Und seltsam, dass gerade in einem Lebensbereich, in dem es ausschließlich ums Sein geht, so viel Wert aufs Tun und Können gelegt wird – und darauf, etwas Besonderes darzustellen, und sich abzugrenzen, statt eins zu werden mit allem. Hm, irgendwas stimmt doch da nicht, oder? Ein Mensch kann schon nicht sehr spirituell sein, wenn er sich selbst (oder bestimmte Leute) als besser, weiter entwickelt, auserwählter, begabter ansieht als andere. Sucht eure Meister nicht bei den Effekthaschern und Wichtigtuern, bei den vermeintlich „Besonderen“, sondern in denen, die ihr am geringsten achtet. Sie haben euch wirklich etwas zu lehren…

Schenk dein Vertrauen und deine blinde Bewunderung nicht denen, die dir Botschaften aus fernen Welten und fernen Zeiten überbringen, sondern denen, die dich lehren, im Hier und Jetzt zu sein und der Stimme deines eigenen Herzens wieder zu lauschen. Schau in die Augen eines aufrichtig Liebenden und erkenne dich selbst. Hab den Mut, in dich selbst hineinzuhören, vertraue dir und geh den Weg, den dein inneres Licht dir weist. Gib die Autorität über dein Leben nicht in fremde Hände. Öffne dein Herz und erkenne die Wahrheit, erkenne die Liebe. Sie liegt direkt vor dir. Du brauchst sie nicht zu suchen in vergangenen Inkarnationen, in Channelings von Kryon oder der weißen Bruderschaft, in Tarotkarten, in Engelsessenzen oder Botschaften von Verstorbenen. Die Götter waren wirklich weise, als sie den Schlüssel zum Himmel im Herzen des Menschen versteckten. Sie wussten, er würde überall danach suchen, auf den Gipfeln der höchsten Berge, in den tiefsten Tiefen der Ozeane, in den fernsten Galaxien, aber vor dem Weg in sein Heiligtum im Innersten würde er ewig zurückschrecken.

Geh in die Natur, beobachte einen Sonnenaufgang, spüre das feuchte Gras unter deinen nackten Füßen, werde eins mit einer schönen Blume, lass dich berühren vom zarten Grün der neuen Triebe der Nadelbäume – das alles kann dir mehr über die Liebe und dein Leben erzählen, als ein Mensch dies je könnte. DAS ist das Leben. Es ist hier und jetzt – in den einfachen Dingen. Die Wahrheit ist immer einfach, und sie zeigt sich jedem, der sich ihr öffnet, in jedem Augenblick!

Für mich muss ein spiritueller Mensch ein Radikaler sein, ein Ver-rückter, ein Revoluzzer. Einer, der bedingungslos JA zu diesem Leben und zu dieser Welt sagen kann. Der bereit ist, das Göttliche in allem und jedem zu finden. Einer, der dem Ruf seines Herzens folgt, der die vollkommene Verantwortung für sich übernimmt und der sich jeden Tag wieder für die Freiheit und die Unsicherheit entscheidet. Der jeden Moment wachsam und präsent ist, der aufgehört hat, Bekanntes nachzuplappern. Einer, der den Mut hat, aus der Masse heraus zu treten, der keinen Wert darauf legt, was andere über ihn denken oder sagen. Der den Mut hat, seine eigenen Antworten und seine eigene Wahrheit zu finden. Der bereit ist, alles loszulassen – alle gesellschaftlichen Konventionen, Normen, Prägungen, Dogmen, Masken, Rollen – um sein wahres, ursprüngliches Menschsein und seine heilige Essenz zu entfalten. Einer, der bereit ist zu sterben, um neu geboren zu werden. Einer, der den Mut hat, ein Nichts zu sein.

Bist du spirituell?

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Oh, wie wunderbar ist es, den weisen Worten eines Gurus zu lauschen und sich die Lehren eines erleuchteten Meisters zu Gemüte zu führen. In der Gegenwart eines solch besonderen Menschen fällt es leicht, in Liebe, Weisheit und Mitgefühl zu schwelgen. Von ihm lassen wir uns gern unterweisen in den Lektionen eines rechten Lebens. Wie sieht es aber aus mit den Menschen, die uns im schnöden Alltag begegnen? Mit der Supermarktkassiererin, die uns mit ihrer Trödelei den letzten Nerv raubt, mit dem Chef, der uns vor versammelter Mannschaft kritisiert und sich nicht mehr an die versprochene Beförderung erinnern will, mit der Schwiegermutter, die alles besser weiß, dem Partner, der uns betrügt oder dem Nachbarn, der wegen des Gebells unseres Hundes vor Gericht zieht?

In dem Buch „Acht Schritte zum Glück. Der buddhistische Weg der liebenden Güte“ (von Geshe Kelsang Gyatso) habe ich vor Jahren einen Gedanken aufgeschnappt, der mich bis heute fasziniert und berührt: Stell dir vor, alle Menschen, die dir begegnen sind erleuchtete Wesen und sind nur zu dem Zweck da, dich ins Erwachen zu führen. Unser gewöhnlicher, verblendeter Geist sieht nur gewöhnliche, verblendete Menschen, aber ist es nicht möglich, dass in Wirklichkeit ein jeder von ihnen ein vollendeter Buddha ist? Die einzige Person, von der wir mit absoluter Sicherheit sagen können, dass sie nicht erleuchtet ist, sind wir selbst. Von den anderen können wir es nicht wissen.

Dieser Gedanke hat die Macht, unser ganzes Leben auf den Kopf zu stellen. Was würde sich verändern, wenn du in jedem Menschen deinen Meister und Guru, deinen Buddha und deinen Führer zur Erleuchtung sehen könntest? Was, wenn es tatsächlich so wäre, dass DU die letzte Seele bist, die noch nicht erwacht ist? Wenn all das Theater hier nur aus unendlicher Liebe zu DIR veranstaltet würde?

Vielleicht würdest du dich von deinen Mitmenschen tiefer im Herzen berühren lassen und könntest die Liebe hinter ihrem Sein erkennen. Vielleicht würdest du alles, was dir an vermeintlichen Ungerechtigkeiten und Leid widerfährt, als Chance zur Selbsterkenntnis und zum Wachstum annehmen können. Vielleicht hättest du mehr Mitgefühl mit dir selbst und deinem Lebensweg. Vielleicht könntest du dich in größerer Demut vor deinen Mitmenschen und vor der Welt verneigen statt zu trennen und zu urteilen.

Wenn es uns auch nur ab und zu gelingen würde, aus unserer persönlichen Betroffenheit herauszutreten, und die liebende Güte hinter den Erscheinungen unseres Lebens zu erkennen, könnten wir den Himmel auf Erden erschaffen. Doch es kann nur jeder bei sich selbst anfangen. Und sollten wir Tausend Mal scheitern…. – wenn es uns auch nur einmal gelingt, den vollkommenen Buddha in unserem Mitmenschen zu erkennen, dann haben wir damit schon die ganze Welt verändert!

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